Canon und Panasonic (aber auch andere) … was fehlt?

Dr. Gellner empfiehlt bei der Frage nach einer aktuelllen DSLR gerne Canon. Was fehlt den anderen? Erklärungen und Beispiele.

Die ersten beiden Teile (Being a Panasonic Photo- and Videographer und Being a Panasonic Photo- and Videographer II) beschäftigen sich mit der Frage, wieviel teurer Panasonic-Equipment im Gegensatz zu Canon-Equipment ist. In diesem Teil geht es um die Ausstattung, die es für andere Geräte gar nicht gibt oder die erst deutlich später auf den Markt gekommen ist.

Vorweg – die Plattform-Frage – für wen sind die folgenden Antworten?

Equipment kauft man nicht nach Liebe, auch wenn man das natürlich machen kann. Zumeist muss Equipment schlichtweg Anforderungen erfüllen. Wer ein XY-Gerät mit einem Objektiv hat – sei beides auch noch so Einsteiger-einfach – und zufrieden ist, kann hier aufhören zu lesen. Welches Gerät auch immer es ist: es scheint die Anforderungen zu erfüllen. Dann gibt es auch nichts zu beanstanden. Das ist übrigens nicht nur hier so: Ob iOS oder Android, ob Windows oder Linux oder MacOS, ob Skoda, Renault oder Ford – immer dasselbe Spiel.

Natürlich ist oft auch eine irrationale Komponente dabei – bestimmte Firmen und Produkte haben mehr Sex-Appeal als andere. Damit sind aber nicht automatisch immer alle Produkte für jeden die Besten. Kurzum: auch Canon ist nur ein Hersteller und keine Religion, auch für mich. Allerdings ein Hersteller, der viele meiner Anforderungen erfüllt. Wenn ich Canon empfehle, spielt hier meist ein bestimmtes Nutzer-Profil eine Rolle. Folgende Fälle fallen darunter:

  • Experimentierfreudig: Es wird gerne mit Erweiterungen rumprobiert. Umkehrringe, Filter, Adapter, Anbindungen an PC, Smartphones, externe Display – alles sollte möglich sein. Dann empfehle ich Canon, denn das Canon-Biotop ist das mit Abstand umfangreichste.
  • Kostenbewusst: manchmal ist auch ein günstiger Einstieg willkommen – es muss nicht immer nur das Feinste sein. Etwas überhaupt mal ausprobieren können ist wichtiger, als die Tatsache dass es eine Erweiterung nur in Premium-Qualität gibt. Wieder Canon, denn die Größe des Biotops führt dazu, dass es fast alles mehrfach gibt – in unterschiedlichen Qualitäten und zu unterschiedlichen Preisen. Hier habe ich mit Panasonic z.B. die Erfahrung gemacht um wieviel teurer Equipment sein kann, wenn nur der Originalhersteller bestimmte Sachen liefert und die nur in teurer Top-Qualität.
  • Einsteiger: Man weiß noch nicht genau, wie weit die Arbeit mit Foto und Video gehen wird. Tendenziell zwar eine offene Entscheidung. Aber auch hier ist Canon zumindest eine gute Wahl, bei der die meisten Türen offenbleiben. Auch wenn man später einen höherwertigen Kamerabody oder ein besseres Objektiv kauft, kann man oft doch vorhandene Sachen weiternutzen.
  • Vorbelastete: Leute, die schon allerhand Equipment haben. In dem Falle Canon bei Canon-Equipment oder auf Canon adaptierbarem Equipment. Wer allerdings mit Minolta vollhängt, ist hier vielleicht bei Sony (hat Minolta und dessen Bajonette übernommen) besser aufgehoben, wer viel gutes Nikon-Material hat, hingegen weiterhin bei Nikon. Hier bietet sich ein Wechsel eigentlich nur an, wenn man etwas ganz Spezielles machen will, das die andere Plattform wirklich nur miserabel unterstützt.
  • Fernsteuerer: Wenn die Arbeit per Maus am PC gesteuert werden soll. Canon liefert hier ein tolle Fernbedienung samt Schärfensteuerung am Monitor serienmäßig.

Canon kann einige wenige Dinge nicht:

  • Mittelformat: das bieten aktuell Hasselblad, Pentax, PhaseOne und einige andere – Canon aber nicht.
  • Bestimmte Spitzentechniken, die Hasselblad bietet wie z.B. 200 Mio. Pixel Auflösung oder Geschwindigkeiten von 40 RAW-Bildern pro Sekunde. Darum ist Hasselblad eben der Spitzenhersteller.

Die Alleinstellungsmerkmale gegenüber Panasonic und einigen anderen Herstellern

Bei der folgenden Liste handelt es sich um Equipment, dass ich speziell als Panasonic-Nutzer oder Nutzer ähnlicher neuer Nischenanbieter vermisse. Vereinzelt hat auch irgendein andere Hersteller – meist einer der der beiden anderen Riesen Nikon oder Sony – zumindest irgendetwas davon auch.

  • Zwischenringe mit Datenübertragung
  • Umkehrring mit Datenübertragung (AF-Retroadapter)
  • Protection Ring für Objektiv in Retrostellung (sonst nur noch für Nikon gefertigt)
  • Bestimmte Objektiv-Adapter für Fremdobjektive – hier gilt allerdings auch das Gegenteil: Aufgrund des geringen Auflagemaßes von mFT könnte man technisch hierfür eigentlich mehr Adapter als für Canon entwickeln. Trotzdem ist das Angebot für Canon bislang am umfangreichsten.
  • Fernauslöser ohne extern anzubringende Empfänger (der Empfänger ist bei Canon in das Gehäuse eingebaut – ein Riesenvorteil – ich habe mir diese für Panasonic notwendigen Aufsteckempfänger schon mehrfach abgebrochen).
  • externe LiveView-Monitore: zumindest meine GH1 liefert live kein Signal an einen externen Monitor.
  • Batteriegriff (nach drei Jahren nun von einem Drittanbieter im Angebot)
  • Makro-Balgengerät
  • zahlreiche Objektive wie z.B. die bei Canon und Nikon für ca. 100 Euro erhältlichen 50mm/F1.8 hervorragenden Festbrennweiten
  • Fernsteuerungen via iPhone, iPad, Android etc. – die durchaus praktisch sind, wenn man so ein Gerät hat.
  • Firmware-Hacks, die praktische Funktionen freischalten oder die Leistungsfähigkeit des Geräts erhöhen.

Diese Liste erhebt weder den Anspruch auf Vollständigkeit noch wird ständig überprüft, ob irgendein Anbieter nun endlich ein Manko behoben hat. Das ist schlichtweg der derzeit aktuelle Stand. Das Beispiel der Smartphone-Steuerungen zeigt allerdings wieder einmal mehr: es dauert bei vielen Entwicklungen immer wieder Ewigkeiten, bis sie auch zu den Nischenanbietern durchrieseln. Der mit diesen Beispielen gezeigt Trend wird sich auch bei allen weiteren Erweiterungen wie aktuell aufkommenden GPS-Sensoren so fortsetzen.

[Update Mai 2015]

Es ist schon schräg – aber 4 Jahre später sieht es diametral anders aus! Wer hätte absehen können, dass Canon den – in Verkaufszahlen bis heute – bestehenden Vorsprung derart versemmelt! Canon hat 2011 mit der Einführung des Videomodus in die 5D Mark II den Markt extrem herausgefordert.

Das ausgerechnet Canon seither praktisch nichts Innovatives mehr nachliefert war im Traum nicht abzusehen. Leider ist es aber so: seit der 7D wurde dieses Gerät zwar ca. 12 Mal auf den Markt geschmissen – aber nur bei einem einzigen gibt es die schnellere Framerate oberhalb von 30 fps. Das hat Panasonic schon ein Jahr später mit der GH2 nachgeholt, von den aktuellen Geräten ganz zu schweigen. Und praktisch seit dem Ursprungspost oben läuft Canon Panasonic hinterher. Selbst Sony, die noch ein Jahr später erst richtig eingestiegen sind, treibt Canon mit allen 4 derzeit verfügbaren Vollformat-Geräten der A-Serie vor sich her: von der Auflösung her, von der Framerate her, vom Rauschverhalten her … von praktisch allem. Auch Samsung ist seit einem halben Jahr zum ernsten Herausforderer herangewachsen und steht heute vom Equipment her ungefähr da, wo Panasonic 2011 stand.

Welche Innovationskraft Samsung heute hat, sieht man an der Auseinandersetzung mit Apple: sowohl im Smartphone wie im Tablet-Bereich ist Samsung hier aktuell Innovationsführer. … und Apple war hier ein echter Gegner! Wenn die Koreaner mit derselben Energie auf den scheinbar besinnungslos umhertreibenden Frachter Canon losgehen, dann sehe ich da schwarz.

Aktuell betreibe ich den Plattformwechsel – nun den zweiten. Das erste Jahr mit Canon war ok – seitdem sind die fehlenden Innovationen (die die Mitbewerber bieten und die ich von da kenne) aber ein ernstes Problem.