Warum kein Zoom? Warum ein manuelles analoges Objektiv?

Kurz: Um kostengünstig zu bleiben und dennoch erträgliche Bildqualität zu bekommen. So um die 300mm, wenn es geht mit etwas Lichtstärke. Es geht um Größe: was weit weg ist, soll groß auf den Sensor.

Natürlich hat Canon da auch etwas parat: Canon EF 300mm 1:4,0 L IS USM Objektiv. Ein tolles Ding (und ich wünschte mir durchaus, das ich jetzt hierüber berichten könnte …) mit ca. 1.400 Euro allerdings nicht kostengünstig.Kriterium 1 verfehlt.

Dann gibt es auch noch diese 70-300mm-Zoom-Objektive. Zahlreich – starten im Laden bei etwa 160 Euro. Das wäre sogar günstig. Davon habe ich auch eins (war vor Jahren mal bei einem Set bei). Schön für Urlaube(r) und diese „das waren die Löwen“-Bilder. Man erkennt die Tiere tatsächlich. Aber bei genauerer Betrachtung macht es keinen Spaß – vor allem die chromatischen Abberationen sind aus professioneller Sicht ein Alptraum. Ganze Bäume gehen in lila-grünen Geistersäumen unter. Man könnte sich fragen, ob das 3D-Aufnahmen sein sollen (die mit so einer rot-grün-Brille dann plastischer werden).

Wenn man ein Auge dafür entwickelt hat, sieht man das deutlich UND es stört einen immer.

Kandidaten

Bleiben also Festbrennweiten älterer Bauart, z.B. die m42-Objektive, ältere Nikons, Pentaxe, Tamrons und Olympusse (eben die naheliegenden linsenfrei zu adaptierenden Bekannten). Da haben einige eine passable optische Qualität, sind Lichtstark und sind bisweilen für kleiners Geld zu haben. Wie heute auch: jeder Hersteller hatte in verschiedenen Preissegmenten durchaus etwas anzubieten.

Den Kompromiss, den man dabei macht: manuell fokussieren. Mache ICH zumindest sowieso zu 99,9%, daher empfinde ich den fehlenden Autofokus nicht als Problem.

Tipps/Erfahrungen:

  • Sigma vermeiden! Deren Teile gibt es teilweise spotbillig. Das nicht grundlos: Sigmas mit Baujahr vor 2001 laufen mit den aktuellen Canon EOS-DSLRs nicht! Sie liefern beim Ändern der Blende nur ERR99 (unbekannter Fehler). Bei diesen Objektive wird EOS-typische die Blende nicht mehr per Drehrad verstellt sondern elektronisch. Und genau diese Steuerung klappt nicht bei alten Sigma-Objektiven (Ausnahme: so alt, dass sie einen manuell Blendenring haben – dann geht es wieder). Bei einigen neueren Objektiven unterstützt Sigma das Flashen/Updaten der Elektronik. Allerdings geht auch das schlichtweg nicht bei allen Objektiven.
  • Pentacon: Das f4/300mm-Objektiv ist aktuell schlichtweg überteuert. Es ist insgesammt ok/mittelässig und für deutlich unter 100 Euro sein Geld wert. Für mehrere hundert Euro hingegen nicht mehr. Dafür unterscheidet es sich von den günstigeren, leichteren und natürlich vielseitigeren 70-300er-Zooms nicht gut genug.
  • Die Wundertüten (Beroflex, Danubia etc.) neigen ebenfalls zu ziemlichen starken chromatischen Abberationen. Ich habe davon die 500mm-Variante und bin nicht allzu glücklich damit. Ebenfalls ein ziemlicher 3D-Look! Hat hier allerdings noch einen anderen Grund: aus den 500mm werden aufgrund des Crops ja rund 770mm. Ich bekomme das Ding kaum still. Es ist beinahe ein Seismograph: Ein Lastwagen hunderte Meter entfernt und das Bild wackelt, ein leichter Windhauch … Bild wackelt. Eigentlich nur von stabilen Beton-Standplätzen nach draussen anwendbar.

Aufgrund vieler positiver Berichte bin ich auf das Tair 3s gekommen. Es ist eines der letzten m42er, die im Preis erträglich geblieben sind. Die Takumare hingegen – die tatsächlich gut sind – dürften jetzt nach 30 Jahren für Preise gehandelt werden, die sie nicht einmal neu je hatten.

Fotosniper – das „KGB-Objektiv“

Dieses Objektiv wurde mit einem ganzen Set in einem Koffer angeboten. Sehr schräg aus heutiger Sicht: die Pistolenform samt Abzughahn, der hier tatsächlich als Auslöser dient. Vermutlich wird man damit auf der Straße schnell angesprochen. Und im Handgepäck am Flughafen erregt das sicher auch Aufsehen. Diesem etwas fiesen Aussehen verdankt das Objektiv wohl auch seinen Namen. Ganz sicher haben auch tatsächlich russische Agenten mit diesen Dingen observiert. Das war eben die russische Fototechnik.

Fotosniper Koffer Tair auf Fotosniper mit Kamera

Arbeiten in Eckernförde

Wenn man das Fotosniper-Set (und nicht nur das Objektiv Tair 3s) erwirbt, bekommt man einen ganzen massiven Blechkoffer. Da drin sind dann noch Farbfilter, ggf. ein Helios-Objektiv (f2, 58mm – kann superscharf sein) und eben der Pistolengriff. Ohne die Zenit-Kamera dazu macht er allerdings wenig Sinn. Mechanisch passt der Auslösemechanismus zumindest zu meiner Panasonic GH1 noch zur Canon EOS 600D (weder mit noch ohne Batteriegriff). Macht aber nix – ich habe ja eigentlich auch nur ein Objektiv gesucht und das ist eben auch mit dabei.

Erfahrungsbericht

Das Tair 3s ist elend schwer! Ohne stabiles und breit aufgestelltes Stativ kann man das vergessen. Entweder knicken die Kunststoff-Beinchen SOFORT weg oder Objektiv samt Kamera knallen noch vorne um. Nochmal: wirklich stabiles Stativ, breit aufstellen/keine Unwuchten zulassen.

Anlass der Objektivrecherche ist im Übrigen, dass ich für einige Natursachen in der Distanz besser gerüstet sein wollte. Ein Ultrawinkel ist da – genial, um die Weite, ziehende Wolken etc. einzufangen. Dann war da allerdings dieser Sonnenuntergang … und die Sonne nur ein kleiner Stecknadelkopf. Und mein Standardzoom (bis 135mm) hat auch keine große Szene daraus gemacht. Jetzt geht beides.

Eckernförde bei Sonnenuntergang Eckernförde bei Sonnenuntergang

Unterm Strich kann ich bestätigen, was Andere zu dem Objektiv geschrieben haben:

  • Es ist zu einer bestimmten Schärfe fähig – unter bestimmten Bedingungen (die ich noch genauer ermitteln muss).
  • Es liefert flaue Kontraste: was man damit macht, muss im Photoshop oder ähnlich aufpoliert werden. Bei solchen Gegenlichtaufnahmen müssen schwächere Kontraste allerdings nicht nur schlecht sein. Hell ausfressen bzw. dunkel absaufen lassen kann man die Ergebnisse dann immer noch selbst.

Zwei Filme, deren Bilder mit diesem Objektiv gemacht wurden:

Natürlich sind dies nicht RAW-Ergebnisse, wie sie aus dem Objektiv kamen. Das im rechten Bild sichtbare Rauschen bzw. grobkörnige Bild muss mit beim Runterrechnen dieses Previews entstanden sein. Das Quell-Video (das dort zum Kaufen verlinkt ist) hat dieses Phänomen nicht. Die Wellen habe ich zwar relativ stark geschärft aber ohne solche Störartefakte hochgeladen.

Für beide Szenen habe ich Kontrast und Sättigung schon recht deutlich nachregeln müssen. Aber gut – dann ging es, mit den Ergebnissen bin ich recht zufrieden. Beide Videos wurden auch als Videos aufgezeichnet, insbesondere das Zeitraffer-Video stammt nicht aus einer JPG-Bildsequenz (siehe Artikel Bilder zu Videos machen). Damit wäre sicherlich noch ein höherer Grad an Schärfe erreichbar.

Trotzdem suche ich weiterhin eine 300mm-Alternative. Für diese Ergebnisse ist das Objektiv schlichtweg zu schwer. Das würde ich für brilliante Ergebnisse auf mich nehmen, nicht aber für solche eher mittleren. Natürlich bedeutet auch jeder nachgelagerte Korrektur-Schritt, dass mehr Arbeitszeit zur Kompensation von Objektivschwächen aufgewendet werden muss.