Sony HX300 50-fach Zoom und 20,4 Megapixel – endlich Profi?
Was sind Fotografen doch für Trottel: kaufen teure Spiegelreflexbodies, schleppen massenweise Objektive zum Wechseln mit sich rum, quälen sich mit manuellen Einstellungen … wo es doch so tolle Bridge-Kameras gibt.
Sony wirbt bei der HX300 mit (aktuell, d.h. Juli 2013) Superlativen, die teilweise durchaus auch teure Spiegelreflex- oder Mirrorless-Geräte übertrumpfen. Auch in den meisten anderen Disziplinen hält die Kamera – laut Datenblatt – durchaus mit aktuellen Geräten der Oberklasse mit.
Das Sony-Marketing knallt die Karten auf den Tisch:
- 20,4 Megapixel – Rekord bei den Bridge-Kameras, selbst im DSLR/Mirrorless-Lager nur von wenigen Geräten erreicht (keine aktuelle Olympus, keine aktuelle Panasonic, bei Canon nur die Vollformat-Geräte, bei Nikon nur ein APS-C-Modell bzw. die Vollformat-Geräte, im Hause Sony auch nur die höherwertigen APS-C- und Vollformat-Geräte). Ist ein Foto nicht die Menge der Pixel?
- 50-fach Zoom: voll ausgefahren ersetzt die Optik Teleobjektive bis 1200mm! Das würde bei Canon ca. 60.000 Euro kosten (siehe hier: http://www.traumflieger.de/objektivtest/open_test/canon_1200/overview.php), das nächst-kleinere immer noch 5200 Euro (siehe hier: http://www.traumflieger.de/objektivtest/open_test/sigma_800/overview.php). Für den Kaufpreis der Sony HX300 kann man die obigen Objektive nicht mal für eine Stunden mieten.
- Makroabstand: 1 cm. Wieder ein Rekord, den man mit keiner DSLR-/Mirrorless-Kamera samt teurem Makro-Objektiv auch nur annäherend hinbekommt. Allenfalls mit viel weiterem Sonderzubehör wie Zwischenringen und Makrobalgen.
Irre – oder?
Wurde etwa die Physik selbst bestochen?
Nein, keineswegs. Nicht mal im Ansatz.
Vorweg – man hört wohl schon einen niederträchtigen Unterton von meiner Seite – was wollte ich mit so einer Luftpumpe? Nun, eigentlich mache ich ja bevorzugt Video.
- Darum wäre ich ja schon mit 2 Megapixel Qualität zufrieden gewesen. Vergessen wir die 20 MP von vorne herein.
- Ein – wenn nicht gar DER – Riesen-Unterschied zwischen all diesen „Cams“/“Digicams“/Brigde-Kameras und DSLR-/Mirrorless-Geräten ist die Größe des Sensors. Das ist das Ding, dass das Licht einsammelt und in Form digitaler Werte weitergibt.Hier gilt: viel hilft viel. Große Sensoren sammeln viel Licht bzw. machen immer noch ein gutes Bild mit eher wenig Licht. Jedes Pixel hat soviel Platz, dass der Sensor einen klaren Farbwert festlegen kann. Es ist, wie mit einem Apfel: den kann man sicher in 16 Stücke, vielleicht auch in 100 Stücke schneiden – solange sind noch Stücke erkennbar. Wenn man ihn aber in 100.000 Stücke schneidet, wird man keine definierbaren Stücke mehr haben sondern Matsch, bei dem je Stück die Höhe nicht mehr messbar ist. Es ist nicht einmal mehr klar, wo ein Stück endet und das nächste anfängt. So ähnlich verhält sich auch Licht auf einer Sensorfläche.
- Zwar kann man eine Fläche von sechs Stecknadelköpfen (so klein sind die Sensoren all dieser Digicams!) technisch in 20.400.000 Teile schneiden – aber für jedes Teil ist es dann eben sehr schwer zu ermitteln, ob es exakt seinen eigenen Lichtwert misst oder die Schwingungen der umgebenden Felder (Licht zeigt in dieser Miniwelt weniger einen präzisen Strahlen-Charakter sondern mehr Eigenschaften von Wellen mit Rändern etc.). Optisch erhält man lauter bunte Punkte (Messfehler) um ein Pixel herum, dass mit etwas Glück einigermaßen so aussieht, wie es sein sollte – siehe das Bild zum Sensor-Rauschen.

Sensor-Rauschen – kein Pixel ist klar, die Elektronik/Software korrigiert ein Bisschen, erzeugt bei der Korrektur des Rauschen aber weitere Fehler, die wie Schlieren aussehen (aus einer Panasonic TZ7). Der Text am Haus (links) ist nicht einmal mehr richtig erkennbar.
- Die kleinen Sensoren der Consumer-Klasse sind allesamt natürlich keineswegs Low-Light-fähig. Die kleine Fläche muss schlichtweg länger bestrahlt werden, bis sie je Pixel einen Lichtwert ermittelt hat als ein viel größerer. Auch das wäre für mich ok gewesen: eine Schönwetterkamera (also eben nur wenn r-i-c-h-t-i-g Sonne scheint) und bitte nur 2 MP. Für Nacht- und Innenaufnahmen habe ich ja eine DSLR und zwei Mirrorless-Kästen.
- Wenn das Ganze dann immerhin bis 300mm oder 400mm stabil gelaufen wäre – soweit wäre ich immer noch froh gewesen.
Von einfachen Bildfehlern wie Verzerrungen (Häuser sehen aus wie runde Ballons), chromatischen Abberationen (lila, grüne und blaue Rände um feine Strukturen, die unbehandelt jede Schärfe vermasseln) etc. wollen wir mal weigehend schweigen. Ja – die gab es, aber das wären ja sogar korrigierbare Fehler. Zudem Fehler, die ohnehin jedes optische Gerät in irgendeinem Maße macht – so funktionieren Licht/Optik/Physik nun einmal.
… und? Kann ich den Canon-Kram mit den Objektiven jetzt zuhause lassen???
Ein Scherz. Zwischendurch habe ich gedacht, dass sowohl mein Notebook als auch mein Computer samt Grafikkarte gleichzeitig den Geist aufgegeben hätten.
Kurz gefasst: für mich – der Bilder und Videos bei Agenturen anbietet – komplett weitlos! Nicht ein einziger der genannten Marketing-Parameter verhilft den Bild-Ergebnissen zu einem Grundniveau, das ein Anbieten dieser Bilder erlauben würde.
Die Qualität der Bilder und Videos ist so stark von Fehlern überlagert, dass man …
- … die Ergebnisse vermutlich bei keiner Agentur abgenommen bekommt (von Extremfällen mal abgesehen, etwa Lady Di stirbt und man war der Einzige vor Ort, der den Snuff aufgenommen hat … mit einer HX300, aber dann würde sogar ein Siemens S55-Telefon von 2001 reichen).
- … Tag und Nacht vor Reklamationen zittern muss – etwa weil ein Käufer dann vermasselte Prints oder Ähnliches bei Verwendung dieser Bilder erhalten hat
Enttäuschung!!!
Und das, obwohl ich – siehe oben – nun wahrlich nicht die ganzen Rekorde des Marketings erwartet habe. Keinesfalls will ich mich nun kleinlich über einzelne Abweichungen kleiner Parameter beschweren – es ist wirklich das große Ganze, dass nicht stimmt!
Folgendes Bild einer Wiese mit ein paar Gänseblümchen habe ich im heimischen Garten mit der HX300 gemacht:
Sieht doch ganz fein aus, oder? Natürlich geht es nicht um das einfältige Motiv – es geht in diesem Test um die technische Qualität.
Als reine Urlaubsknipse geht das auch locker durch – einverstanden. Ebenso, wenn man Bilder nur im Display der Kamera ansieht oder nur auf Monitoren – so wie dieses Wiesenbild jetzt auch. Mehr Pixel sieht man da ohnehin kaum. Unscharf sieht es auch nicht aus – eher sogar etwas überschärft, dazu später mehr (vorab: nein – ich war nicht dran – so kam es aus der Kamera, ich habe das Bild nur auf 1000×750 Pixel verkleinert).
Und warum muss ich jetzt so furchtbar schimpfen?
Aufnahmebedingungen
Es ging nicht darum, auf den Schwächen der Kamera herumzureiten. Der kleine Sensor täte sich z.B. schwer, wenn nur wenig Licht da wäre. Darum also keine Bilder bei Kerzenlicht und keine hohen ISO-Werte – das war von Anfang an klar. Dies übrigens auch entgegen der Marketing-Aussagen – wonach selbst der verbaute Sensor bei schlechten Lichtverhältnissen natürlich auch herausragende Leistungen erbringt. Also: das Bild ist an einem Tag mit strahlendem Sonnenschein in einem windstillen Moment bei ISO 80 aufgenommen worden. Wenn es in irgendeinem Moment keinen Grund für die Anwendung technischer Kompensationstricks gab, dann war es dieser. In jeder anderen Situation (Wind, sich bewegende Objekte, Dämmerung, Innenaufnahme …) wird diese Kamera gezwungen sein, noch tiefer in die Trickkiste zu greifen und noch mehr künstliche Bildfehler zu generieren.
Fehler 1 – Punkte, Artefakte, Kompressionsfehler
Jeder Bildredakteur bei den Stockagenturen Fotolia, Shutterstock etc. wird zur Beurteilung der Bildqualität u.a. die 100%-Sicht und ggf. einer weitere Vergrößerung nutzen. Die 100%-Sicht ist ein absolutes Muss um z.B. die Bildschärfe zu beurteilen. Nicht ohne Grund – schauen wir doch mal, was die Sony HX300 da macht.
Fehler im Wiesenbild
Im Wiesenbild fällt eine enorme Körnigkeit auf, aber keine echte Schärfe. Nein – die Grashalme hatten nicht ihren gepunkteten Tag. Nicht vergessen: ISO80, das absolute Minimum – da will man bei ISO800 nicht mal einen Versuch machen.
Das führt allerdings auf eine Idee, woher Sony die 20,4 Megapixel der HX300 nimmt: nicht etwa vom Sensor oder der Optik sondern von extrem straff angezogenen Kontrast- und Schärfeneinstellungen beim Erzeugen der JPGs.
Das kann jeder auch einfach mal im Photoshop oder in Gimp selbst versuchen: ein Bild laden, mehrfach die Schärfe und den Kontrast fies hochdrehen und speichern. Jedes Mal wird die Dateigröße ganz gut zunehmen. Aber: das ist natürlich keine gewünschte Bildinformation (weder Photoshop, Gimp noch die HX300) können hellsehen. Das wäre ja nötig, wenn einem Bild nachträglich und in Abwesenheit des Motivs noch einmal Bildinformation zugefügt würde. Anstelle der gewünschten Bildinformation kriegt man immer mehr Kontrastmatsch und Bildfehler in das Bild hineingespeichert. Technisch ist das natürlich Information und technisch kommt man dann auch 20,4 Megapixel (und wenn man die Matrix vergrößert, kommt mit solchem Füllstoff auch auf 100 oder 1000 Megapixel, alle nutzlos – versteht sich).
Wirklich effektiv justieren lassen sich diese Einstellungen nicht. Zwar gibt es drei Schärfe-Optionen – aber das, was in dem Wiesen-Bild zu sehen ist, war noch das Natürlichste, dass ich der Kamera abgewinnen konnte.
Fehler 2 – Schlieren, Artefakte, Kompressionsfehler
Auch hier ist der erste Eindruck gar nicht schlecht. Aber auch hier: nur wenn man Bilder ausschließlich in diese Größe ansieht, ist alles ok. Anders als beim Wiesenbild ist die Kamera hier noch weniger gefordert (wenn das überhaupt möglich ist). Gar nicht übel wäre auch die Tiefenschärfe – von vorne (oben links) nach hinten angenehm gestaffelt. Das ist sonst ja allgemein keine Stärke kleiner Sensoren wie sie in Bridge- und Kompaktkameras verbaut sind.
Wie man schnell sieht, ist die Lichtstimmung hier diffuser als im Wiesenbild:
- es war ausreichend hell für ISO 80 mit kurzer Belichtungszeit
- ohne die grellen Sonnenstrahlen gibt es hier nicht so viele extreme Superhell-Superdunkel-Übergänge
Fehler im Gingkobild
Für die Ästhetik eines Bildes ist die Unschärfe ebensowichtig wie die Schärfe.
Die Schärfe spielt ihre Rolle bei der Erkennbarkeit von Objekten – die Unschärfe bildet hingegen die „Bühne“. Dort ist z.B. bei glänzenden Objekten das Funkeln in Form von schönen Kreisen, komischen Eiern, abstoßenden Kringeln oder hässlichen Fünf- und Sechs-Ecken. Man spricht vom Bokeh (nein – nicht Bouquet, hier geht es nicht um Wein – auch wenn die Rolle von Bokeh für ein Objektiv vergleichbar ist). Wer hier zur Bedeutung der Objektiv- und Lamellenkonstruktion für die Ästhetik der Fotos und Filme mehr wissen will, sollte unter Bokeh nachgoogeln.
Sehen sollte man hier – wie es bei Unschärfe so ist: anstelle von Konturen mit Kanten gäbe es Flächen, anstelle von scharfen Kontrasten gäbe es weiche Übergänge.
Nicht bei der HX300: die extremen JPG-Einstellungen (im Klartext – für meine Wahrnehmung: die fehlerhafte JPG-Generierung), die hier hinterlegt sind, erzeugen auch in eigentlich homogen unscharfen flächigen Bereichen noch Kanten und Strukturen, die da nicht hingehören. Die Unschärfe ist überlagert von Schlieren und verschmierten Seheindrücken.
Die Kamera fantasiert regelrecht! Natürlich könnte dieses schlechte Ergebnis neben überzogenen JPG-Einstellungen auch schlichtweg an schlechten Werten liegen, die der Sensor liefert. Zumindest liefert das Gerät unangenehme Ergebnisse, wenn man genauer hinguckt – also z.B. vergrößert.
Ein Bildredakteur bei einer Bildagentur geht hierbei sofort (und für mich nachvollziehbar) davon aus, dass ein Anfänger am Photoshop war und lehnt so ein Bild ab.
Man kann in der HX300 weder verhindern, dass so etwas dabei herauskommt noch kann man dies z.B. aus RAW-Files selbst besser entwickeln. Denn: Sony ermöglicht dem Anwender in der HX300 leider keinen Zugriff auf RAW-Files.
Wenn man die Kamera kauft muss man mit solchen Ergebnissen zufrieden sein.
Fehler 3 – Auslöschungen – fehlende Bilddetails
Während die Kamera kreativ darin ist, fehlerhafte Muster in Bereiche zu erfinden, wo nur Flächen sein sollten, löscht sie Texturen und Strukturen wo sie eigentlich sein sollten.
Fehler im Gänseblumen-Bild
Jetzt geht es um die weißen Blätter der Gänseblumen: sie bestehen scheinbar aus weißen Flächen, die einzige Nuance darin sind graue Ränder. Die eigentlich gelben Blüten wurden nur in Form eines gelben Bereichs wiedergegeben. Die Struktur der Blüte besteht praktisch nur aus dem oben schon genannten Kompressionsfehler.
Dies hat so ähnlich auch die Zeitschrift c’t Fotografie (3/2013) bei einem Schwestermodell mit demselben Sensor so festgestellt. Dort waren es Farbstriche aus der Tube, die keine Tiefe und Textur hatten.
Wir halten fest: die Kamera löscht wichtige Details nach Belieben, andere Details dichtet sie in vermeintlich strukturarmen Bereichen einfach dazu oder ergänzt einfach Bildschärfe durch Muster.
Sind diese Effekte nicht normal? Wie sähe es denn richtig aus?
Nach dem Vergleichstest in der c’t Fotografie ist das Sony-Ergebnis auch unter Bridge-Kameras nicht allzu überzeugend, wenn auch im Rahmen (unteres Ende allerdings). Ein Vergleich mit den Ergebnissen einer DSLR-/Mirrorless-Kamera ist eigentlich per se unfair – die Geräte spielen eigentlich in anderen Klassen. Eigentlich – dumm nur, dass Sony streckenweise suggeriert, dass die HX300 eine Meisterin aller Klassen wäre. Natürlich weiß Sony das besser – schließlich bietet das Unternehmen mit der A99 eine hervorragende Vollformat-DSLR an und mit der Nex 7 auch eine klassenbeherrschende APS-C-Kamera. Da wird man intern schon auch mal ein paar Vergleichstests gemacht haben.
Gänseblume mit einer DSLR
Technisch hat die CANON EOS 600D nur 18 Megapixel – ist laut Datenblatt also der Sony HX300 glatt um 2 Megapixel unterlegen. Ein Blick auf das Gänseblumenbild der Canon dürfte genügen, um zu sehen, wie unsinnig dieser Megapixelwert ist.
Als Objektiv wurde auch kein modernes teueres L-Objektiv genutzt – das würde den Vergleich noch weiter verzerren. Ein fast 40 Jahre altes Nikon f3,5 – 55mm Makro wurde per Nikon-zu-Canon-Adapter vor die Kamera geschraubt. Dieses habe ich vor kurzem für 95 Euro auf ebay ersteigert (was dafür schon etwas teuer war – die Dinger gab es zwischendurch auch schon für 60 Euro). Damit ist der Wert der benutzten Kamera-Objektiv-Kombination gar nicht mehr so weit entfernt von dem Preis, den Sony für die Kamera zum Testzeitpunkt aufgerufen hatte (damals 499 Euro). Canon-Body und so ein Alt-Objektiv sind für ca. 550 Euro erhältlich. [Update: jetzt – rund eine Woche später – scheint der Preis der Sony HX300 im freien Fall, aktuell ist 349 Euro die Untergrenze, Tendenz täglich fallend.]
Erst jetzt sieht man bestimmte Details: Die weißen Blüten glänzen stellenweise seidig oder sind feucht – dieser Aspekt fehlt bei der Sony komplett. Zudem haben die Blätter in der Mitte eine Art Spiegelkante. Die gelbe Samen in der Mitte sind teilweise kugelartig, am Rand haben sie feine Fäden, auf denen kleinere Kugelgebilde hängen.
Da die Sony große Anteile Matsch anstelle von Bildinformation in die JPG-Datei schreibt, hat man als Anwender von den 20 Megapixeln nicht viel. Die Qualität bzw. Nutzinformation in den HX300-Bildern entspricht nach meiner Wahrnehmung der meines Handys mit ca. 2 bis 4 Megapixeln (für exakter Messungen fehlt mir das Equipment – das ist schlichtweg meine Einschätzung). Auf jeden Fall liegt der Anteil an Nutzinformation auch deutlich unter dem meiner alten Panasonic GH1, die nur 12 Megapixel auflösen konnte.
Wiesenbild mit einer DSLR
Zum Vergleich auch von dem Wiesenbild eine 100%-Vergrößerung des Rasens aus der Canon EOS 600D mit dem adaptierten Uralt-Objektiv von Nikon (ebenfalls unbearbeitet). Auch hier: obwohl es nur 18 Megapixel gibt, sieht man Grashalme statt Grasrauschen. So sah der Rasen aus. Die grotesken Punktmengen der HX300 gehören nicht auf den Rasen. Dieser Effekt tritt hier auch bei 200% Vergrößerung nicht ein.
Die vorhandenen RAW-Dateien würden es zudem erlauben weitere Varianten dieses Bildes zu entwickeln – mit Schwerpunkt auf Schärfe, Objektivkorrektur, dunkle Farbanteile, helle Farbanteile etc. Diese Arbeit möchten sich viele Anwender nicht machen. Umso schöner ist es natürlich, wenn die Kamera schon brauchbare JPG-Bilder liefert. Umgekehrt: eine Kamera, die keine brauchbaren JPG-Bilder liefert und zudem gar keine RAWs ausgibt, ist schon etwas problematisch.
Unschärfe mit einer DSLR
Im Zustand wie hier gehabt könnte man mit der HX300 nicht einmal einen blauen Himmel aufnehmen – sie lügt in der Absicht mit ihren großen Bilddateien zu protzen in gleichförmige Flächen ihre fiesen JPG-Muster hinein.
Das Canon-Bild zur Unschärfe zeigt lediglich Blätter eines Strauchs vor blauem Himmel. Weder der Himmel noch die unscharfen Bereiche/Flächen zeigen Punkte oder Schlieren. Im Gegenteil: die Flächen werden gleichförmiger – das Blau ist homogen und trägt keine Muster, die Konturen werden dicker – DAS ist das Wesen von Unschärfe.
Auch dieses Bild stammt aus der Canon EOS 600D mit dem per Adapter montierten Nikon-Objektiv.
Original-Bilder zum Nachvollziehen
Die Bilder, so wie sie aus der HX300 gekommen sind, habe ich zum Nachvollziehen in voller Größe auf Abload hinterlegt:
- Rasen-Bild: http://abload.de/img/rasen-vollmeyai.jpg
- Gingko-Bild: http://abload.de/img/gingko-vollngyrt.jpg
Fazit
Die HX300 ersetzt derzeit keine DSLR-/Mirrorless-Kamera. Vermutlich ist es die ungeschickt justierte Kompression, die nahezu jedes Ergebnis verdirbt. Zumindest mit dem Anspruch, den ich habe: eine technische Qualität, die es erlaubt, die Bilder in Stockagenturen anzubieten.
Furchtbarerweise zeigt die Kamera, dass viele der Dinge, die Sony bewirbt, sogar klappen könnten! Mir scheint der Schwachpunkt nicht einmal die wahrlich extreme Optik. Unschärfe war z.B. weniger das Problem, auch chromatische Aberrationen oder Verzeichnungen waren durchaus im Rahmen (Aberrationen waren z.B. deutlich geringer als bei meinem alten Canon 70-300mm-Zoom, dass gegen das Sony-Zoom ja einen geradezu kindisch schmalen Brennweitenbereich hat). Alle Previews waren recht ok – bis man geknipst hat, und die Kamera so unsäglich schlecht speichert. Erstaunlich/überraschend: auch die Stabilisation schien eindrucksvoll gut zu arbeiten, selbst bei ausgefahrenen 1200mm konnte ich Wildtiere im Wald mit ruhigen Videobild verfolgen!
Auch wenn mir die Ergebnisse wie Fehler erscheinen: aus der Sicht von Sony könnten sie durchaus gewünscht sein. Denn: wenn diese Kamera womöglich nicht künstlich durch eine so ungeschickte JPG-Kompression „gedrosselt“ würde, wäre sie schon geeignet selbst Sonys eigene Geräte der unteren NEX- und Alpha-Klassen zu kanibalisieren.
Wenn sie nun noch den Sensor und die Fähigkeiten der (fabelhaften) RX 100 hätte … na ja, das weiß man bei Sony sicher alles selbst.
Untern Strich habe ich – wie auch erstaunlich viele Leute bei Amazon – meine HX300 nach zwei Testtagen zurückgegeben. In diesem Zustand ist sie wirklich eine reine Urlaubsknipse für bescheidene Consumer. Mit meinem Anspruch habe ich leider wirklich gar keine Anwendung für das Ding.
Ich habe das Gerät wirklich in der Hoffnung gekauft, dass ich sie wenigstens im Rahmen einiger ausgesuchter Stärken einsetzen könnte. Dieser Testbericht a lá „warum es nicht geht“ war so nie geplant. Anders wäre es mir lieber gewesen.
Update – 15. August 2013
Heute gibt es im Foto-Teil von Heise einen detaillierteren Test zur HX300: http://www.heise.de/foto/meldung/Test-Bridgekamera-HX300-1920063.html. Die Heise-Redaktion bemängelt dieselben Punkte, die ich auch ermittelt habe. Natürlich testen die Kollegen dort am laufenden Band und haben einen besseren Vergleichsrahmen als ich, dem schlichtweg ein Kauf misslungen war. Wer an der Kamera interessiert ist, findet hinter obigem Link einen ausführlichen Test-Bericht.