Usability-Steinzeit: kein Zugriff auf Ordner, gesperrte Dateien und scheinbar keine Lösung an Bord

Eigentlich unfassbar, dass es ab und zu mal „kein Zugriff“ 2016 noch gibt. So jung ist Microsoft Windows ja auch nicht mehr. Da will/muss man einfach an eine Datei ran und erhält Meldungen wie:

Zugriff verweigert, Datei oder Ordner gesperrt

unverständlich: nach weit über 20 Jahren Windows gibt es kein auftretensnahes Verfahren für den Anwender um wieder Zugriff zu erlangen

  • „Auf <Pfad\Datei> oder <Pfad\Order> kann nicht zugegriffen werden“
  • Zugriff verweigert
  • „die Aktion kann nicht abgeschlossen werden, da die Datei in einem anderen Programm geöffnet ist“

Das besonders Rückständige an diesem Locking: Das Betriebssystem weiß ja offensichtlich, dass da ein Element etwas blockiert und in aller Regel auch, welches das ist. Nur: mir als Anwender sagt es das nicht.

Manchmal helfen Gassenhauer wie Rechner neu starten oder Schreibrechte setzen (ja – vermanschte Rechte können dazu auch führen). Meist würde aber ganz direkt helfen, wenn man einfach wüsste, welcher Prozess (welches Programm) da gerade drauf zugreift. Dann würde man dieses Programm eben zumachen, das Objekt löschen und danach das Programm wieder öffnen.

Nach über 2 Jahrzehnten Systempflege hätte man so ein Thema eigentlich mit den Versionen 2000 oder XP mal sauber machen können.

Lösungen: 1 – Microsoft Process Explorer

Ja, auch Microsoft hat dazu etwas: den Process Explorer. Aus für mich nicht nachvollziehbaren Gründen sind die bekannten Tools der Sysinternals-Suite von Mark Russinovich nicht immer mitinstalliert wie etwa Chkdsk und ähnliche Werkzeuge auch. Man bekommt sie aber hier: https://technet.microsoft.com/de-de/sysinternals/bb842062, und das auch kostenlos. Tatsächlich lässt sich eine entsprechende Analyse damit auch durchführen.

Process Explorer

Process Explorer mit dem Prozess, der die Datei belegt

Ein allzu heißer Tipp ist das ohne Strategie aber nicht. Das hier nur scheinbar anschauliche Ergebnis hätte mich Stunden Arbeit gekostet, da der Process Explorer dutzende, wenn nicht gar hunderte Programme anzeigt und jedes wiederum mehrere hundert sog. Handles (unterer Teil des Screenschots) offen hält.

Process Explorer - Suchmaske

Process Explorer – Suchmaske

Übersicht bekommt man erst, indem man die Handles stark eingrenzt. Über den Menüpunkt  Find > Find Handle or DLL … > und dort via Eintragen in eines aussagekräftigen Teils der Zeichenkette in der Suchzeile ergibt sich eine ganz passable Eingrenzung. Aussagekräftig in diesem Sinne ist z.B. ein Stück des Pfades, in dem was klemmt. Hier hat das Wort „Illustrator“ völlig ausgereicht. Tatsächlich wirft genau dessen Setup die Meldung, dass es sich nicht updaten lässt, weil es irgendwo irgendwie nicht dran kann.

Aus völlig schleierhaften Gründen fühlt sich scheinbar das Brother Control Center dazu berufen irgendwo unterhalb der Adobe-Directories Handles zu blockieren. Egal – der Übeltäter ist erst einmal gefunden.

Tatsächlich hat es hier gereicht, das betreffende Programm ganz regulär zu schließen. Nicht einmal das Abschießen via Task Manager war nötig. Es mag Situationen geben, in denen der Anwender durch ulkige Low-Level-Aktionen auch Schaden anrichten kann. Mehrheitlich habe ich bislang diese Meldung aber dann bekommen, wenn ein schlichtes Schließen des Programmes gereicht hätte – nur dass ich ja dessen Namen zunächst nicht erhalte.

Lösungen: 2 – LockHunter

Leicht geht es mit dem Single-Purpose-Tool LockHunter. Nach der Installation ist es im Kontextmenü des Windows-Explorer unter dem Befehl „What is locking your file?“ aufrufbar. Damit hat man den Befehl recht nahe an dem Ort, von dem aus man diese Fehlermeldung meist ja auch erhält. Warum Microsoft diese Information nicht ausgeben kann – am Besten gleich in der Box, die Windows ja ohnehin öffnet – ist nicht nachvollziehbar. Vorsicht bei der Installation: einige Male muss man explizit Angebote deselektieren, wenn man nicht für diesen Zweck überflüssige Extraprogramme installiert bekommen will.

LockHunter

LockHunter in Aktion

Darum noch einmal in Richtung Microsoft: sicherer ist das Leben für Anwender nicht, wenn man für solche grundlegenden Tätigkeiten das Web nach Anleitungen und Extrasoftware durchsuchen muss.

Was hilft zahlreichen Anwendern die Adminabfrage vor einem Install, wenn sie sie mangels eines Bordwerkzeugs mit „ja“ beantworten müssen?

Hier sollte das Ziel sein, durch vollständige und anwenderfreundliche Werkzeuge gar nicht erst in solche Nöte zu kommen. Schon das wahllose Surfen in immer nerdigere Foren ist hier ein Sicherheitsproblem. Die fehlende Möglichkeit das Gefundene oder Empfohlene dann wirklich zu überprüfen ist das zweite Problem. Im Prinzip bleibt kaum einem Anwender hier etwas anderes übrig als einer Website mit dem prima Download nahezu blind zu vertrauen. Auch wenn die Websites prominenter Magazine wie Chip oder der Heise-Hefte eine Empfehlung aussprechen, heißt das nicht, dass selbst der gutmeinende Programmierer solcher Tools bei der Version von gestern Abend nicht selbst versehentlich einen verseuchten Rechner hatte. Und ehrlicherweise gucken sich diese Redakteure ihre empfohlenen Tipp-Tools meist auch nicht andauernd an. So auch hier: heute hat mir LockHunter (auch aus entsprechenden Empfehlungen) geholfen. Darum empfehle ich es jetzt auch gerne. Auch ich kann aber nicht abschätzen, was der Anbieter nächste Woche hinter diesen Link zum Download anbietet.